17. Impuls - im Heiligen Land sein
Im September 2022 reiste eine Gruppe von 34 jungen SchönstätterInnen ins Heilige Land. Zusammen mit Pater Stefan und Pater Hans-Martin machten wir uns auf nach Israel. 10 Tage verbrachten wir in einem Land voller Kontraste und religiöser Präsenz. Eine Reise nach Israel ist schon ne abenteuerliche Sache, aber wir sprechen hier von Reisen und nicht Urlaub machen. Wer jetzt denkt, ich hätte am See Genezareth gechillt, liegt falsch. Es war eine Reise, bei der ich sehr viel lernen durfte. Was das Heilige Land mit mir und meinem Glauben zu tun hat, möchte ich euch jetzt erzählen.
Der erste Stop auf unserer Fahrt war Jerusalem. Eine Stadt, die schon Jahrtausende besteht und über die viele Kriege geführt worden sind. Eine Stadt, die für so viele Menschen eine große Bedeutung hat. Wir haben Jerusalem als Ort der Religionen erlebt. Judentum, Islam und verschiedene Ausrichtungen des Christentums sind spürbar und präsent. Klagemauer, Felsendom und Grabeskirche sind alle nur einen Fußmarsch voneinander entfernt. Auf Berg Sion treffen sich Davidsgrab, Abendmahlssaal und Ort der Entschlafung der Gottesmutter (in deren Krypta wir Gottesdienst feiern durften). Menschen mit Kippa oder Kopftuch laufen an einem im Souk vorbei. In der Grabeskirche hört man die unterschiedlichsten Sprachen. Diese Atmosphäre ist faszinierend. So viele Menschen und so unterschiedliche Vorstellungen von Religion und alle sind sie überzeugt, von dem was sie glauben. Und doch sind wir alle irgendwie auf der Suche. Was verbindet uns?
Doch ich habe nicht nur über den christlichen Glauben im Kontext von vielen Religionen nachgedacht. Ich musste auch meine Vorstellung, von dem, was in der Bibel steht, überdenken. In der Geburtskirche in Betlehem wurde mir klar, dass wir unsere europäische Kultur in die biblischen Geschichten projizieren. Der Sohn Gottes ist wohl kaum in einem Viehstall aus Holz auf die Welt gekommen, sondern vielmehr in einer Art Felsgrotte. Doch als EuropäerIn liegt die Vorstellung eines klassischen Stalls nahe. Einen guten Einblick dazu habe ich im Nazareth Village bekommen, das biblisches Leben möglichst authentisch darstellen möchte.
Wie stelle ich mir das Leben zu Jesu Zeiten vor? Was weiß ich eigentlich über die Kultur, das Klima, die Verhältnisse, die damals waren?
Kontrastprogramm zu Städtebesichtigungen stellte unser Tag in der jordanischen Wüste dar. Wir brachen früh am Morgen auf, um noch ein kühleres Klima bei unserer Wanderung zu erwischen. Einigen von uns war bis zu diesem Tag nicht bewusst, was für eine wunderschöne Landschaft Wüste darstellen kann. Die unendlich scheinende Weite zieht einen in ihren Bann. Auf unserem Weg begegneten uns zwei Beduinenkinder, die durch die Wüste auf dem Weg zur Schule waren. Die Wüste lebt. Unser Guide meinte, wir könnten nirgends auf der Welt dem biblischen Leben so nahekommen, wie in der Wüste. Und wirklich: Auf dieser Wanderung gingen wir auf den Spuren Jesu. So viele Geschichten der Bibel spielen in der Wüste. Uns wieder einmal bin ich den Geschichten der Bibel ein bisschen mehr auf die Spur gekommen. Mir war nicht bewusst, wie es wirklich ist, einen Fußmarsch durch die Wüste hinzulegen. Belohnung für die anstrengende Wanderung war übrigens ein Bad im Toten Meer. Es funktioniert wirklich – man geht nicht unter 😊
An jedem Abend hielten wir Abendgebet der besonderen Art. Jede und jeder von uns Reisenden wurde mit einer Schriftrolle ausgestattet, in der wir im Abendgebet unsere Gedanken festhalten konnten. Dieser Prozess des Schreiben, Innehalten und Reflektieren hat einem geholfen, die Erlebnisse des Tages besser zu verarbeiten und die Eindrücke einzuordnen. Jeden Tag konnten wir Israel mit allen Sinnen wahrnehmen. Wir haben viele unterschiedliche Menschen, beeindruckende Landschaften und eindrucksvolle Bauten gesehen. Wir haben den Worten aus der Bibel, dem Lärm einer pulsierenden Stadt und der Stille der Wüste gelauscht. Wir haben auf dem Souk unfassbar viele Gerüche wahrgenommen. Wir haben Hummus, Falafel, Schawarma, Baklava, Datteln und andere wunderbare Spezialitäten des Landes kosten dürfen. Im Nazareth Village haben wir sogar ein authentisches biblisches Mahl eingenommen. Und wir sind auf Jesu Spuren gewandert. So viele Eindrücke, die einen auch ganz schön überwältigen können. Die Reflexion in der Schriftrolle und das anschließende Teilen der eigenen Gedanken mit dem anderen hat mir geholfen, die Erlebnisse und Gedanken besser einordnen zu können.
Die Reise ins Heilige Land hat mich persönlich und mich im Glauben weitergebracht. Ich habe viel gelernt - über Glauben, Religion, Christentum, das biblische Leben, die Konflikte heutzutage. Ich denke oft an die Zeit im Heiligen Land zurück und an die vielen Orte, Begegnungen und Gespräche. Ich bin dankbar, dass ich so viel Schönheit, aber auch so viele Kontraste entdecken durfte. Es war keine Reise, die nur schön war. Ich habe riesige Müllberge in der Natur, sehr viele bewaffnete SoldatInnen und eine Mauer, die Menschen trennt, gesehen. Aber ich habe auch Gastfreundschaft, lebendigen Glauben und ein kleines Weihnachten bei fast 40 Grad erlebt. Geprägt hat mich diese Zeit sicherlich. Und ich bin von ganzem Herzen dankbar für alles, was ich im September 2022 erleben durfte.
Eva Krumnacker